Ein Rundgang über den Burgberg.
Herbstlicher Sonnenschein lockt mich nach draußen und so beschließe ich einen Rundgang um den Burgberg zu machen.
Die Idee war, hier am ”bekannten” Erlanger Berg doch noch Neues zu entdecken.
Dort wo sonst der Bär steppt,
ist nach 1 1/2 Jahren Corona-Pause nur noch Tristesse zu sehen.
1900 Kellerhäuschen: Damals kostete 1 l Bier 25 Pfennig 1986 An den Kellern 33, erbaut 1768
Die seltensten Pflanzen wuchern zwischen den Bierbänken
„Der Wald aber stieg weiter von den Bergen her in die Ebene, Seen und Flüsse entstanden und vergingen, und der Wald rückte vor und ergriff und verhüllte langsam das ganze Land, die Reste der alten Straßenmauern, der Paläste, Tempel, Museen, und Fuchs und Marder, Wolf und Bär bevölkerten die Einöde. Über einem der gestürzten Paläste, von dem kein Stein mehr am Tage lag, stand eine junge Kiefer, die war vor einem Jahr noch der vorderste Bote und Vorläufer des heranwachsenden Waldes gewesen. Nun aber schaute auch sie schon wieder weit auf jungen Wuchs hinaus. „Es geht vorwärts!“ rief ein Specht, der am Stamme hämmerte, und sah den wachsenden Wald und den herrlichen, grünenden Fortschritt auf Erden zufrieden an. “ ( aus: „Die Stadt“, ein Märchen von Hermann Hesse, 1910)
Reserviert für Königlich Privilegierte Hauptschützengesellschaft Erlangen
Die Burgbergkapelle aus Sandstein „ Zum heiligen Grab“ am Erlanger Burgberg, nur wenige Schritte vom Festgelände der Bergkirchweih entfernt.
Es läßt sich sicher darüber diskutieren, ob der Lichtmast direkt neben dem vermutlich ältesten Erlg. Bauwerk stehen muss.
Gegenüber liegt das ehemalige Siechenhaus.
Der alte – 1844 eingeweihte – und der neue – 2016 errichtete , schmucklose – Burgbergtunnel. Schlimmer geht´s nimmer! Die beiden Tunneleingänge und die Absperrung dazwischen passen zueinander wie ???? mir fehlen die Worte.
Vor diesem Tunnel wacht der bayrische Löwe.
Belebte und unbelebte Natur.
Der Burgberg war der Steinbruch, Quelle des Baumaterials, für die Stadt. Heute noch sind Aufschlüsse ehemaliger Burgsandstein-Steinbrüche mit den Spuren der Handwerker zusehen. Abraum, Verfüllung und Aufschlüsse haben die Grundzüge der Landschaft geformt die wir heute sehen.
Den Burgberg an der süd-und westorientierten Seite als ehemaliger Standort für Gärten, Obstgärten und zeitweise sogar als Weinberg, ein Beispiel ist der Schunksche Garten, der heute überwiegend mit Bäumen überwachsen ist und der als Lager abgebauter Kunstwerke dient.
Gnadenfriedhof : 16 Pinnadeln hat die Künstlerin Isi Kunath für den öffentlichen Raum in Erlangen geschaffen — zur Feier des 1000. Vor allem auf die jüngere Geschichte verweisen die fünf Meter hohen Stecknadeln mit den roten Köpfen.
Die Pinnadeln markieren Punkte, an denen in der Erlanger Historie bedeutsame Bauwerke standen; sie berichten von Ereignissen und Menschen wie Jakob Hertz, dem ersten Juden, der in Bayern ordentlicher Professor geworden ist, dem die Bürger der Stadt wegen seiner sozialen Großherzigkeit ein Denkmal errichtet haben, das Bürger der Stadt in nationalsozialistischer Verblendung wieder zerstört haben.
Die Pinnadeln haben den Erlangern und den Besuchern der Stadt in den vergangenen zwölf Jahren als Gedächtnisstütze in die Vergangenheit gedient
Jetzt fristen sie hier ihr trauriges Schicksal.
Genau wie der Brunnen, der zu dem Schunkschen Gartengrundstück gehört.
Schunk’scher Garten: Bevor Maßnahmen ergriffen werden, sollen die Umgestaltungspläne im Stadtrat behandelt werden.
Dringlichkeitsantrag am 21.10.15:
Seit einiger Zeit läuft eine Diskussion über den Schunk´schen Garten und seine zukünftige Nutzung. Es wird angedacht die Nutzung durch Ablage ausgedienter Kunstwerke zu erweitern, sowie ggf. eine öffentliche Zugänglichkeit des Gartens zu schaffen. Ebenso soll ein Barockgarten entwickelt und das Gartenhäuschen saniert werden.
Wir bitten die Verwaltung folgende Fragen im HFPA am 21.10. zu beantworten:
Wann werden konkrete Planungsunterlagen zum Schunk´schen Garten in den UVPA und HFPA eingebracht?
Der Garten verwuchert, das Gartenhaus, das einst Sommerfrischlern Schutz vor aufziehenden Gewittern bot, ist baufällig und marode. Der Schuncksche Garten bietet derzeit kein besonders anheimelndes Bild.
Weil das Grundstück aber im Besitz der Stadt ist, ist diese ist laut Denkmalschutzgesetz verpflichtet dieses instand zu halten, beziehungsweise instand zu setzen.
Im ehemaligen Gartenhaus trafen sich die Erlg. Honoratioren zu ihren Diskussionsrunden.
Schunck, Johann Heinrich Wilhelm Julius Max
* 10.4.1822 Erlangen, † 16.2.1857 Marktsteft (Unterfranken).
Pfarrer, Dr. Phil.,
Nach dem Theologiestudium in Erlangen und Berlin und der Ausbildung auf dem Elitepredigerseminar in München wirkte er ab 1847 als Stadtvikar in Erlangen, und 1854, schwer erkrankt, als 2. Pfarrer in Castell – Ziegenbach. Ihm verdankt die Landeskirche die Institution der Kindergottesdienste, initiiert von K. v. Raumer, begonnen im Winter 1850 in der Sakristei der Neustädter Kirche. Er rief 1848 den Erlangen Verein für (freiwillige) Armenpflege ins Leben. Auf dem „Congress für Innere Mission“ im Sept. 1849 in Wittenberg trug Schunck seine Ideen vor, die ihm -gedruckt- den Dr. Phil. in Erlangen einbrachten. Schunck gründete das Puckenhofer Rettungshaus. Unter seiner Redaktion gingen 1851-56 die „Blätter für Innere Mission“ hervor.
Jetzt wartet es auf die Wiederbelebung der Stadt Erlangen. Vermutlich noch lange.
Ein Teil des Schunkschen Gartens. Die Blätter verdecken die alten Stiegen, aber im Sommer ist es auch nicht besser, da muss man sich durch brusthohe Brennnessel quälen.
Eine hübsche Brunnenanlage wartet auf ihr „Erwachen“.
Auf halber Höhe dann ein stabiles Gartenmöbel.
Sicher saßen hier schon:
Martin Ohm (1792–1872), Mathematiker
Gottfried Fleischmann (1777–1850), Mediziner und Hochschullehrer
Albrecht von Seckendorff (1748–1834), Politiker, Diplomat und Beamter
Johann Jacob Sartorius (1730–1790), Rektor des Gymnasium Illustre Erlangense und Diakon der Altstädter Kirche
Hermann von Schelling (1824–1908), Jurist und Politiker
Martius, Theodor Wilhelm Christian * 7.1.1796 Erlangen, 15.9.1863 Erlangen, Prof. für Pharmazie
Christian von Glück 1755–1831, Jurist
Christian Friedrich Samuel Hahnemann 1755–1843, Begründer der Homöopathie
Johann Peter Hebel 1760–1826, Dichter
Alexander von Humboldt 1769–1859, Geograph und Forschungsreisender
Ernst Wilhelm Martius 1756–1849, Pharmazeut
Georg Simon Ohm 1789–1854, Physiker
August Graf von Platen 1796–1835, Dichter
Friedrich Rückert 1788–1866, Orientalist und Dichter
Johann Christian Daniel von Schreber 1739–1810, Botaniker
Christian Friedrich Daniel Schubart 1739–1791, Dichter
Karl Freiherr vom Stein zum Altenstein 1770–1840, Politiker
Ludwig Tieck 1773–1853, Dichter
und viele Andere mehr.
Auch hier auf dieser jetzt bemoosten Steinbank werden sich die Philosophen, Staatsmänner und Dichter niedergelassen haben um den Blick auf die Regnitz zu genießen. Jetzt allerdings hört man nur noch den Verkehrslärm der Autobahn.
Von hier aus sieht man auch hinunter auf das Kanaldenkmal
Um 1940
Schleuse des LDM-Kanals bei den Werkern mit Schleusenwärter, Pferdefuhrwerk und Kanaldenkmal.
Vom Schunkschen Garten aus sieht man das Denkmal nur schlecht, weil der Berg recht abschüssig ist.
Aber von der Seite läßt sich das Denkmal gut fotografieren.
In Richtung Bubenreuth geht es durch raschelnden Laubwald.
Blick hinunter auf die Gleise und die Autobahn.
Der jüdische Friedhof ist gut mit einem hohen, engmaschigen Zaun gesichert.
Zu meiner kleinen Exkursion gehört auch ein Abstecher zum sog. Kirchner – Skulpturen – Garten
Der Bildhauer Heinrich Kirchner, der am 12. Mai 1902 in Erlangen geboren wurde und am 3. März 1984 in Pavolding im Chiemgau starb, ist seiner Geburtsstadt zeit seines Lebens sehr verbunden gewesen, auch wenn er sie schon früh, mit dem Beginn des Studiums der Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste in München, verließ.
Angelegt wurde er im ehemaligen Steinbruch.
Der Mensch und die Natur im Bezug zum Göttlichen standen für Kirchner im Mittelpunkt seiner Kunst.
Gleich neben dem Skulpturengarten liegt ein verstecktes Gartenhaus.
Das kleine Gartenhaus aus Sandsteinmauerwerk im sogenannten „Pöhlmanngarten“ trägt die Inschrift 1793. Im Innenraum ist die Raumschale aus dem ausgehenden 18. Jahrhundert erhalten, die Dekorationsmalerei wurde vor 1829 überarbeitet.
Der Wasserturm ist die höchste Erhebung des Burgbergs.
Der denkmalgeschützte 32 Meter hohe Turm wird seit 1905 als Wasserturm betrieben. Die von weitem sichtbare Turmspitze ist eines der Wahrzeichen der Stadt. Der 32 Meter hohe Turm wurde in den Jahren 1904 und 1905 nach den Plänen des Stadtbaurats Franz Kreuter und Entwürfen des Bauassistenten Hugo Sieber errichtet.Die Fassade des aus Beton errichteten Bauwerks wurde, historistisch gestaltet. Durch den quadratischen Grundriss, den wie Schießscharten aussehenden Fenstern und dem ziegelgedeckten Pyramidendach erinnert er stark an einen mittelalterlichen Burgturm Zu diesem Eindruck trägt auch sein Standort auf dem Burgberg bei, auf dem aber nie eine Burg stand. Der Turm kann leider nur selten von innen besichtigt werden.
Fast in „handreichweite“ stehen neben dem denkmalgeschützten Wasserturm moderne Wohnblocks. Wollen / dürfen sie ihm die Show stehlen?
Das sog. Platenhäuschen . Im Jahr 1824 weilte der Dichter August Graf v. Platen (1796– 1835) hier zur Sommerfrische. Heute dient das 1756 erbaute Gartenhäuschen als Gedenkstätte und präsentiert eine Ausstellung zu Leben, Werk und Wirkungsgeschichte des Dichters.
Laßt uns drum nach heil´gen Räumen
Mutig und getröstet streben,
Weil wir träumen, wenn wir leben,
Weil wir leben, wenn wir träumen ( Platen 1820)
Das Alter wägt und mußt es,
Die Jugend spricht: So ist es. (Platen 1824)
Der Strom, der neben mir verrauschte, wo ist er nun?
Der Vogel, dessen Lied ich lauschte, wo ist er nun?
Wo ist die Rose, die die Freundin am Herzen trug,
Und jener Kuß, der mich berauschte, wo ist er nun?
Und jener Mensch, der ich gewesen, und den ich längst
Mit einem anderen Ich vertauschte, wo ist er nun? (Platen 1821)
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